Ein Bild von Àgnes Lukács

[Heidburg Behling]

Am 4. Mai 2025 habe ich im Rahmen der Gedenkfeierlichkeiten in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme zum 80. Jahrestag des Kriegsendes der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte und dem Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme ein Bild von Àgnes Lukács übergeben. Es handelt sich um einen limitierten Abdruck eines Linolschnitts mit dem Titel ‚Panik‘. Der Linolschnitt entstand nach dem Krieg in Erinnerung an eine Szene, die Àgnes Lukács selbst in Fallersleben erlebt hat, einem Außenlager von Neuengamme. Im Waschraum des Lagers brach eine Panik aus, weil die Frauen , die vorher in Auschwitz waren, fürchteten, aus den Duschköpfen käme kein Wasser, sondern wie in Auschwitz Gas.

Àgnes Lukács wurde 2020 in Budapest geboren, die Eltern waren Juden. Obwohl auch in Ungarn schon vor dem Einmarsch der Deutschen ein Numerus Clausus für jüdische Studenten an den Universitäten galt, konnte Àgnes Lukács noch 1939 an der Kunstakademie in Budapest studieren und 1944 ihr Diplom als Kunsterzieherin ablegen. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Ungarn 1944 wurde sie zunächst in einer Seifenfabrik in Budapest zum Arbeitsdienst verpflichtet und dann am 3. Juli 1944 in Budapest verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Da Deutschland im letzten Kriegsjahr die Rüstungsproduktion durch den Einsatz weiterer Arbeitskräfte verstärken wollte, wurde Àgnes Lukács zusammen mit anderen Frauen dann nach Reichenbach verschleppt, einem Außenlager von Groß Rosen, wo die Häftlinge Radioröhren für Telefunken bauen sollten und von dort nach Porta Westfalica, wo Radioröhren für Philipps produziert werden sollten. Richtig gearbeitet wurde aber schon nicht mehr. Von Porta Westfalica kam sie nach Fallersleben und von dort Anfang April nach Salzwedel, dort wurde sie am 14. April 1945 befreit. Anfang Juli 1945 kehrte sie dann nach Budapest zurück, ihre Eltern hatten das Ghetto in Budapest überlebt.

Bis zu ihrer Pensionierung arbeitete Àgnes Lukács als Kunsterzieherin an einem Gymnasium in Budapest. Sie war ständig mit Zeichenstift und Pinsel unterwegs und hat ein umfangreiches Werk geschaffen, Radierungen ,Holzschnitte, Linolschnitte, aber auch Aquarelle und Tuschzeichnungen. 1999 wurde in Salzwedel im Jenny-Marx-Haus eine beeindruckende Ausstellung gezeigt, ein Querschnitt aus ihrem Gesamtwerk, viele Bilder, die Themen des Lageralltags im KZ zeigten , aber auch Landschaftsbilder, z.B. die Ufer der Donau und zahlreiche Naturmotive.

Àgnes Lukács war nach 1999 noch einige Male in Hamburg und Salzwedel zu Besuch. 2008 ist sie in Budapest gestorben. Ich habe sie mehrmals in Budapest besucht. Sie war eine beeindruckende Persönlichkeit und eine begnadete Künstlerin. Bis ins hohe Alter malte und zeichnete sie, ihre Wohnung war wie eine Gemäldegalerie, ein kleines Kunstmuseum.

Foto: Susann Leverenz

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